Ein nachhaltiger Lebensstil hat sich in den vergangenen Jahren zu einem Trend entwickelt. Und das ist gut so. Immer mehr Menschen erkennen die Notwendigkeit, bewusstere Kaufentscheidungen in ihrem Alltag umzusetzen. Schließlich tritt die Klimakrise immer eindeutliger und besorgniserregender zutage. Secondhand-Shopping ist nur eine der Möglichkeiten, der Umwelt – und dem eigenen Geldbeutel – einen Gefallen zu tun. So viel Spaß es auch macht, auf Flohmärkten zu stöbern, viel schneller geht es, wenn Sie im Internet nach gebrauchten Waren suchen. Doch allein in Deutschland gibt es inzwischen mehr als 70 Plattformen, die Secondhand-Produkte verkaufen. Wo soll man da anfangen? Das Berliner Start-up Faircado will Abhilfe schaffen – mit künstlicher Intelligenz (KI). Wir haben das Ganze getestet und bei der Mitgründerin nachgefragt.

KI-Shopping-Assistent: Wie funktioniert's?

"Wie Magie!", beschreibt Evoléna de Wilde d'Estmael die Browser-Erweiterung, die sie zusammen mit Ali Nezamolmaleki ins Leben gerufen hat. Alles ist recht unkompliziert: Sie laden das Plug-in in den Browser Ihrer Wahl auf Ihrem Laptop herunter. Wenn Sie dann auf Seiten wie Amazon, Media Markt oder ähnlichen surfen, die Neuware verkaufen, ploppen in der oberen rechten Ecke des Bildschirms automatisch gebrauchte Alternativen auf. Das sieht folgendermaßen aus:
Faircado: Nachhaltiger Einkaufsassistent – eine echte Alternative zu Amazon? Auch beim Gelben von I zeigt Faircado günstigere und nachhaltigere Alternativprodukte an.
Auch beim Gelben vom i zeigt Faircado günstigere und nachhaltigere Alternativen an.
Foto: Screenshot Amazon und Faircado
Nach dem Klick auf die angezeigte Gebrauchtware leitet das Plug-in Sie auf die Seite weiter, die sie anbietet. Faircado kooperiert mit verschiedenen Secondhand-Plattformen, darunter Ebay, Back Market und Rebuy, und bündelt die dort angebotenen Artikel in seinem Pop-up. Die dahinter stehende KI-Technologie prüft den Inhalt von Seiten wie Amazon, um festzustellen, um welche Art von Produkt es sich handelt. Sie zieht relevante Informationen wie Größe, Farbe und Preis aus den Angaben auf der Website und gleicht sie mit denen aus ihrer Datenbank für Gebrauchtwaren ab, um die besten Alternativen vorzuschlagen. Inzwischen sind bereits zehn Millionen Secondhand-Produkte gelistet, auch einige elektronische. Und das, so Klimaaktivistin und Start-up-Gründerin Evoléna de Wilde d'Estmael, mache Faircado zu "einer echten Alternative zu Amazon". Nun gut, mit geschätzt 488 Millionen Produkten spielt der Online-Riese noch in einer anderen Liga. Welches der beiden Unternehmen besser für unseren Planeten ist, steht jedoch außer Frage.

Faircado im Kampf gegen den Klimawandel

"Wir können nicht länger die Augen vor dem Offensichtlichen verschließen: Eine radikale Veränderung unserer Gewohnheiten ist die einzige Möglichkeit, den Planeten zu retten", heißt es auf der Website des Start-ups. Zum Beispiel indem wir dem Neukauf den Rücken kehren und uns gebrauchte Waren zulegen. Die CEO von Faircado erklärt: "Das liegt ganz einfach daran, dass der größte Teil des ökologischen Fußabdrucks eines jeden Produkts aus dem Herstellungsprozess stammt." So besitzt Evoléna nahezu ausschließlich Secondhand-Waren. Doch auch sie war frustriert von den unzähligen Registerkarten und der mangelnden Übersicht beim Online-Einkauf. Also setzte sie sich mit dem "technischen Genie", wie sie den aktuellen CTO Ali nennt, zusammen und voilà: Faircado erblickte das Licht der Re-Commerce-Welt. Das Start-up finanziert sich über ein Kooperationsmodell mit seinen Partnern: Faircado erhält einen kleinen Teil des Preises, den Kunden und Kundinnen für die nachhaltige Alternative zahlen (der meist deutlich niedriger ausfällt als der Preis für Neuware).

Ambitionen für die Zukunft

Bei Faircado handelt es sich in erster Linie um ein Webbrowser-Plug-in. Daher funktioniere es "möglicherweise nicht auf mobilen Geräten", so das Unternehmen. Der Grund liegt darin, dass die Macher und Macherinnen sichergehen wollte, die Technologie ausgereift und einsatzbereit an den Start zu bringen: So ließen sich die KI-Algorithmen verfeinern, Nutzungs-Feedback sammeln und die Funktionalität insgesamt verbessern. Nach Angaben der Mitgründerin ist jedoch geplant, Faircado in naher Zukunft auf Smartphones und andere mobile Geräte zu bringen. Alles in allem hat das Berliner Start-up ein ehrgeiziges Ziel: E-Commerce in Re-Commerce zu verwandeln, indem es Secondhand zur ersten Wahl für alle macht. Zu diesem Zweck bauen sie derzeit ein Team auf, "das die Werte einer sich verändernden Welt verkörpert". Die Erweiterung lässt sich kostenlos in Firefox, Chrome, Edge und seit Kurzem auch in Safari herunterladen und nutzen.